Kritik an österreichischer Stromkennzeichnung

Kleinwasserkraft-Österreich-Sprecher Erwin Mayer kritisiert die Kommunikation der Bundesregierung und der E-Control, daß die österreichische Stromkennzeichnung Atomstromimporte reduzieren würde und dem Ausbau von Ökostrom in Österreich helfe. „Durch die EU-rechtlich gebotene Handelbarkeit von Ursprungszeugnissen, separat vom Stromgeschäft, fließt noch immer und über 2015 hinaus Geld der österreichischen Stromkunden zu den AKW-Betreibern von Temelin, Mochovce und in Resteuropa“, erklärt Mayer die Problematik. Um das aber zu vermeiden dürften der Handel von Strom und jener von Herkunftsnachweisen nicht getrennt erfolgen. Gleichzeitig droht die Schließung zahlreicher Kleinwasserkraftwerke in Österreich durch zu niedrige „Marktpreise“ von unter 40 Euro/MWh.

Rechtlicher Rahmen reicht nicht aus

Die Umwelt-NGOs haben mit der Bundesregierung zusammen innerhalb der EU-rechtlichen Möglichkeiten ein bestmögliches Kennzeichnungspaket geschnürt. Aber sowohl die für eine echte Stromkennzeichnung notwendige Verpflichtung für Europas AKW-Betreiber, ihren Strom ab Einspeisung in das Stromnetz zu kennzeichnen, als auch die Verpflichtung, das Ursprungszeugnis gemeinsam mit dem produzierten Strom an die Stromhändler zu liefern, sind EU-rechtlich derzeit nicht verankert. Aktuell gibt es EU-weit nur die Möglichkeit, erneuerbaren Strom zu kennzeichnen und ab 1.1. 2015 in Österreich die Verpflichtung, ausreichend Herkunftsnachweise für fossilen und erneuerbaren Strom für die an Endkunden abgegebene Strommenge vorzuweisen.

Kein Verlass auf Stromkennzeichnung

Diese atomstromfreien Herkunftsnachweise können aber auch – bildhaft gesprochen – auf eine importierte Kilowattstunde Atomstrom aus Tschechien geklebt werden. Dann fließen derzeit von österreichischen Stromkunden rund 35 Euro/MWh an die CEZ (tschechischer Atomstromanbieter) und nur 0,2 bis 4 Euro/MWh an den Ökostromproduzenten, wie z.B. ein Kleinwasserkraftwerk in Österreich oder in der EU. Auf der Stromrechnung des Endkunden erscheint dieser Atomstrombezug irreführend als „100% atomstromfrei“.

Das bedeutet, dass der aktuelle Stromkennzeichnungsbericht über die Stromkennzeichnung auch keine Auskunft darüber geben kann, ob sich die Atomstrom-Importe nach Österreich, wie von der E-Control behauptet, auf unter 3% verringert oder der Anteil von Ökostrom auf knapp 75% erhöht hat. „Wir brauchen einen echten Ökostromausbau in Österreich, z.B. durch mehr Kleinwasserkraftwerke, die in das österreichische Stromnetz einspeisen, und nicht nur das Zusammenzählen von auch aus Norwegen gekauften Herkunftsnachweisen für Ökostrom“, betont Mayer den Unterschied zwischen Energiewende und Ökostrom-Kosmetik.

Kleinwasserkraftausbau braucht faire Tarife

Die Kleinwasserkraft verkauft ihren Strom zu knapp 80% zu „Marktpreisen“ und ist damit am stärksten von allen Ökostromanbietern dem stark verzerrten europäischen Strommarkt ausgesetzt. Die weitaus zu niedrigen „Marktpreise“ für Ökostrom von unter 40 Euro/MWh können durch „die paar Cent pro Megawattstunde“ für Herkunftsnachweise der Kleinwasserkraft kein Überleben unter solchen Bedingungen ermöglichen. Es braucht einen europaweit ausreichend hohen Preis für CO2 von bis zu 100 Euro/Tonne CO2 und die Einrechnung der Atomrisiken im Strompreis sowie faire Einspeisetarife. „Aber davon sind weit und breit keine Anzeichen zu erkennen, und die trügerischen Zahlen des Stromkennzeichnungsberichts verschleiern die eigentlich notwendige Debatte zur Energiewende“, schließt Mayer.